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by Michel Racat

Eine neue Premierministerin hat die Regierungsgeschäfte aufgenommen und eine Galionsfigur der EU-Gegner ist neuer Außenminister – der Brexit ist im vollen Gange. Auch wenn es zu Beginn einige Schockwellen gab und mittlerweile etwas Ruhe eingekehrt ist, dürften die mittel- und langfristigen Folgen des Volksentscheids auf die Wirtschaft nicht unerheblich sein – einschließlich des E-Commerce. Doch womit ist zu rechnen und wie sollten Online-Händler darauf reagieren?

Exakte Vorhersagen lassen sich nicht machen. Das zeigen bereits die Unsicherheiten bei Währungen und Marktzugängen: Während das schwache britische Pfund den Export aus der EU verteuern würde, könnten Online-Händler von der Insel ihre Waren günstiger anbieten. Allerdings ist damit zu rechnen, dass das Vereinigte Königreich durch den Austritt seine Vorteile beim Zugang zum EU-Binnenmarkt verliert. Die Folgen dürften neu erhobene Zölle und Steuern sein, die dem grenzüberschreitenden Online-Handel grundsätzlich nicht zuträglich sind. Insgesamt gäbe es steigende Handelsbarrieren über den Ärmelkanal, die das Geschäft letztlich weniger profitabel machen.

Obwohl Großbritannien weltweit beim E-Commerce noch an dritter Stelle rangiert, ist das Land dennoch nicht der Nabel der Welt. Die Suche nach Alternativen ist daher sinnvoll – und eine Option bereits in Sicht. Daher sollten Online-Händler sich auch nicht scheuen, ihren Blick einmal nach Osten zu wenden.

Blühende Landschaften im Online-Handel

Osteuropa bietet für den europäischen Online-Handel gewaltige Chancen: Laut yStats.com befindet sich die Region im Bereich B2C weltweit an vierter Stelle. Der Anteil am Einzelhandel bewegt sich zwar noch im einstelligen Bereich, doch gerade hierin liegt ein stattliches Wachstumspotenzial. Denn mit einer Sättigung ist in den sich dort entwickelnden und aufstrebenden Märkten weder kurz- noch mittelfristig zu rechnen.

Zahlen von ECommerce Europe bestätigen zudem die guten Aussichten: Das Durchschnittswachstum im osteuropäischen E-Commerce betrug 2014 satte 22,4 Prozent (Tschechien, Ungarn, Polen, Russland, Rumänien, Bulgarien, Ukraine) – Gesamteuropa kam hingegen „nur“ auf eine Steigerung von 13,6 Prozent. 2015 erreichten die Nachbarn im Osten dem Verband nach noch ein Wachstum von 20,7 Prozent (Gesamteuropa: 13,3 Prozent). Wobei das gedämpfte Wachstum mit dem massiven Rückgang der Erträge in Russland zu erklären ist – und auch das hat seine Gründe. Denn der Online-Handel im Riesenreich weist besonders interessante Gegebenheiten auf.

Sanktionen aufgrund der Ukraine-Krise lassen Umsätze einbrechen

Während das Wachstum im E-Commerce 2014 noch bei 31 Prozent lag, brach es 2015 deutlich ein und erreichte nur noch eine Steigerung von 6,6 Prozent. Dass es einen Zusammenhang mit den Sanktionen aufgrund der Ukraine-Krise gibt, ist nicht unwahrscheinlich, denn der Rubel verlor infolge dessen deutlich an Wert. Damit wurde es für russische Konsumenten wesentlich teurer, auf dem westeuropäischen E-Commerce-Markt einzukaufen. Und dennoch: Die Kauflaune der Konsumenten blieb und schien schlicht von anderer Stelle befriedigt zu werden. Denn zwischen 2014 und 2015 wuchs die Zahl der aus dem Ausland importierten Online-Waren um beeindruckende 54 Prozent (von 1,98 Milliarden Euro auf 3,06 Milliarden Euro) – der große Gewinner hierbei war hingegen nicht Westeuropa, sondern China. So deckte die Volksrepublik 2014 bereits zu 70 Prozent den grenzüberschreitenden Online-Handel Russlands ab. 2015 kam ein weiterer Anstieg hinzu und der Anteil erreichte sagenhafte 80 Prozent. Warum füllen chinesische Anbieter also zunehmend die Lücke der Konsumwünsche, ohne dass der Rest Europas auf den Plan tritt?

Fazit: Online-Händler auf dem Festland brauchen sich weniger Sorgen zu machen

Aufgrund der Unsicherheiten, die der Brexit mit sich bringt, dürfte das britische E-Commerce-Empire zumindest mittelfristig einen erheblichen Dämpfer erfahren. Online-Händler auf dem Festland brauchen sich hingegen weitaus weniger Sorgen zu machen. Denn dank der weiterhin sehr positiven Wachstumserwartungen in Osteuropa bieten sich ihnen erhebliche Chancen, sofern sie bereit sind, ihre Angebote entsprechend anzupassen und nicht etwa anderen einfach das Feld zu überlassen. Das sieht man besonders gut an Russland, das zunehmend den grenzüberschreitenden Online-Handel mit China ausbaut. Europas Online-Shops sollten das wirtschaftliche Potenzial daher unbedingt geschickt nutzen, um die vermutlich zu erwartenden Verluste durch das Ausscheiden Großbritanniens aus der EU so gut wie möglich zu kompensieren und am Ende als Sieger vom Platz zu gehen.

Autor: Michel Racat ist der CEO und Gründer von BeezUP. Er verfügt über eine umfassende Erfahrung und Expertise im Multi-Channel-Online-Marketing und der Platzierung von Produktkatalogen auf allen wichtigen E-Commerce-Plattformen. Darüber hinaus besitzt Michel Racat ein breites Know-how in Bezug auf den aktuellen internationalen E-Commerce-Markt und die neuesten Trends in diesem Bereich.

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